Heinrich Sohnrey

(19. Juni 1859 - 26. Januar 1948)

Biografie:

* 19.6.1859 in Jühnde bei Hann.Münden, + 26.1.1948 in Neuhaus/Solling, beerdigt in Jühnde, St.-Martins-Kirchhof. Als uneheliches Kind in kleinbäuerlicher Umgebung (»Lindenhütte«) aufgewachsen, prägte ihn seine Mutter Rosine Luise S. (1827-1908, »Friedesinchen«); sein Vater war Frh. Oskar Grote.


In der überfüllten, einklassigen Volksschule wurden die wenigen häuslichen Bücher (Robinson Crusoe, Genoveva, Joh. Hübners »Biblische Historien« von 1714, 18154 und die Lutherbibel) zum ersten Leseerlebnis. Durch seinen Konfirmator Otto Gieseke (1838-1925) und finanzielle Förderung durch seine Großmutter Grote kam Heinrich Sohnrey 1873 auf die Präparande nach Ahlden/Aller (Kantor Georg Rabe, 1818-1894).


Ab 1876 besuchte er das Lehrerseminar in Hannover und wurde 1879 Lehrer in Nienhagen auf der Weper, einem dem Solling vorgelagerten Höhenzug. 1885 folgte ein zweisemestriges Studium der Sprachwissenschaften, Literatur, Geschichte und Botanik in Göttingen. 1886 übernahm Heinrich Sohnrey die Schule in Möllensen am Hildesheimer Wald und edierte erste erfolgreiche Bücher, doch das Projekt »Wartburg-Bote, Blätter für deutsches Volkstum« (1888) scheiterte.


1889 ging H. S. als Redakteur nach Northeim, 1890 nach Freiburg/Br.; er beschäftigte sich hier auch mit sozialpolitischen Themen und entwickelte eine Halbmonatsschrift »Das Land« (1893-1932). 1894 siedelte er als freier Schriftsteller nach Berlin-Steglitz über und gründete 1896 mit ministerieller Hilfe einen »Ausschuss für Wohlfahrtspflege auf dem Lande« (ab 1903 »Deutscher Verein für Wohlfahrts- und Heimatpflege«). Als langjähriger Geschäftsführer gab H. S. das Jahrbuch »Die Landjugend« (1896-1918), das Wochenblatt »Deutsche Dorfzeitung« (1898-1932) und den »Dorfkalender« (1902-1932) heraus. 1904 bildete sich unter seiner Leitung die Deutsche Landbuchhandlung Berlin.


1907 schuf er die Monatsschrift »Die Dorfkirche« und gewann Pfarrer Hans von Lüpke (1866-1934), der schon 1900 Anregungen von ihm aufgenommen hatte, als Schriftleiter. Weitere Zeitschriften entstanden: Archiv für innere Kolonisation (1909-1933, ab 1934 »Neues Bauerntum«), Zeitschrift für das ländliche Fortbildungswesen in Preußen (1909-1935, ab 1936 »Die ländliche Berufsschule«); belletristische und volkskundliche Arbeiten schlossen sich an. H. S. hoffte, dass der Nationalsozialismus seine Anliegen fortführen würde, doch seine Publikationsorgane wurden gleichgeschaltet, sein Verein aufgelöst und sein Verlag vom Reichsnährstand übernommen. Beim alternden Schriftsteller nahm das Ideologische zu (»Im Bauernblut liegt Deutschlands einziges Gut«, Widmung im Sept. 1939 für Prof. Wilhelm Seedorf, 1883-1985); seine Texte näherten sich z. T. der Blut- und Boden-Dichtung. Nach der Ausbombung 1944 fand der 85jährige Zuflucht im Solling.


Für seine vielfältigen Ideen und rastlose Tätigkeit wurde Heinrich Sohnrey wiederholt geehrt:


1907 Prof., 1919 Ehrendoktor der Universitäten Königsberg und Tübingen, 1932 Ehrenbauer in Fredelsloh, 1934 Ehrenbürger der Uni. Göttingen und von Jühnde sowie Goethe-Medaille, 1939 Adlerschild des Deutschen Reiches.


Dank weiter Verbreitung seiner Werke (Gesamtauflage ca. 1 Million) wurden viele Gedanken des Vorkämpfers für ländliche Bildung und Eigenständigkeit Allgemeingut, doch manches wurde infolge des Missbrauchs durch den Nationalsozialismus diskreditiert. Heinrich Sohnreys volkskundliche Sammlungen und Darstellungen behalten ihren Wert. Bedeutsam bleibt sein Eintreten für die »kleinen« Leute, die auch im Dialekt zu Wort kommen. Er wollte besonders das Los der Landarbeiter verbessern und definierte Wohlfahrtspflege als Gemeinschaftsarbeit zur Selbsthilfe. - 1949 wurde in Jühnde eine H.-S.-Gesellschaft gegründet; ihr erster Vorsitzender war Edmund Rehwinkel (1899-1977), langjähriger Präsident des Niedersächsischen Landvolks. Im Turm des Schlosses der Familie Grote entstand seit 1951 ein H.-S.-Archiv (ca. 250 Bücher und Schriften) sowie eine Gedächtnisstätte.


   Heinrich Sohnrey Archiv

   und Gedächtnisstätte Jühnde