Wirbel um Heinrich Sohnrey
Wirbel um Heinrich Sohnrey
Montag, 14. November 2011
Liebe Mitglieder, Förderer, Freunde und Jühnder,
in den letzten Wochen sah sich die Heinrich-Sohnrey-Gesellschaft e. V. mit Anschuldigungen konfrontiert, die wir nicht ohne Kommentar so stehen lassen können.
Durch die Anregung eines Mündener Bürgers beim Landkreis Göttingen wurde die Frage gestellt, ob eine Schule nach Heinrich Sohnrey benannt sein darf. Diese Frage zielte auf die Zusammenarbeit und die anfängliche Hoffnung Heinrich Sohnreys, seine Vorstellungen für Bildung und Fortschritt auf dem Lande mit den Nationalsozialisten umsetzen zu können.
Es gibt, was uns zum Teil bekannt war, in Heinrich Sohnreys Veröffentlichungen und Nachdrucken zwischen 1933-45 eindeutig antisemitische Sätze und sonstige "Gleichschaltungszitate".
Wir haben diese Tatsache nie verschwiegen, wir wollten aber immer hinter das Warum kommen. Denn ein Christ, national denkender Kaisertreuer und "seine" Landbevölkerung liebender Heinrich Sohnrey - ist nicht automatisch ein NAZI.
Wir sind der Meinung, um Heinrich Sohnrey bewerten zu können, muss das ganze Leben und Lebenswerk betrachtet werden.
Wofür bekam er 1909 den Professorentitel, wofür 1919 die Ehrendoktorwürden der Universitäten Königsberg und Tübingen? Was hat er mit seiner Literatur, seiner Aufklärung und Hilfestellung auf dem Land bewirkt? Wie können wir die Auswirkungen heute noch erkennen? Was ist davon verloren, durch seine Zusammenarbeit, aber auch durch seinen Kampf um seinen Verlag im 3. Reich?
Wir möchten diese Fragen gern beantwortet sehen - in einer seriösen, wissenschaftlichen Arbeit. Hierfür fehlten und fehlen uns aber immer noch die finanziellen Mittel.
So sind wir sehr dankbar, dass wir Dr Gerd Busse als Sohnrey-Experten kennen lernen durften und auch den Verleger Jörg Mitzkat. Mit diesen beiden konnte die erste umfassende Aufarbeitung und Bewertung von Heinrich Sohnrey vorgenommen werden - das Buch "Zwischen Hütte und Schloss"! So wie Dr Gerd Busse in seinem Buch Sohnrey begreift und erkennt, ist es ein nachvollziehbares und schlüssiges Bild mit allen Ecken und Kanten, Positiven und Negativen Seiten eines fast neunzigjährigen Lebens für die Landbevölkerung.
Als Beispiel für Sohnreys Aktualität, auch in unserer Zeit, sei hier nur das Bioenergiedorfprojekt in Jühnde als Gemeinschaftsprojekt der Dorfbewohner genannt. Genau so hat sich Sohnrey sein Dorfleben vorgestellt - alle profitieren von dem Wissen Einzelner, die es in die Gemeinschaft einbringen.
Auf dieser Grundlage hat Dr. Gerd Busse eine Stellungnahme zu der Eingabe des Mündener Bürgers geschrieben, die zu dem Schluß kommt, das gerade durch Sohnreys Lebenslauf (durch Kaiserreich, Weimarer Republik, 3.Reich und die Nachkriegszeit) eine Schule auf dem Lande seinen Namen tragen sollte.
Was wir an dieser Stelle noch nicht wussten, war, dass der Mündener Bürger auch an die Landtagsfraktionen geschrieben hatte und diese beim Landkreis nachgefragt haben.
Dann tauchte noch eine "Expertise" von Prof Frank Möbus auf, die in Ihrer Aufmachung ein Urteilsspruch ohne Verhandlung darstellt und auch nur die Veröffentlichungen von 1933-45 berücksichtigt - natürlich mit den einschlägigen und nicht zu akzeptierenden Zitaten!
Wir möchten uns als Heinrich-Sohnrey-Gesellschaft e. V. gern weiter mit unserer Arbeit in die Dorfgemeinschaften der Sohnreyorte und -Regionen einbringen. Wir möchten gern alles veröffentlichen, was zu einem kompletten Bild über Sohnrey beiträgt. Da die meisten Dokumente in den Bombennächten von 1943 verloren gingen, ist die Zeit zwischen 1933-45 auch für uns ein weißer Fleck im Lebenslauf, der nur schwer mit Farbe zu füllen ist. Wir möchten an diesem Puzzle weiter arbeiten, da wir der Meinung sind, das Sohnreys Verdienste bis heute reichen und er uns in vielen Belangen als Vorbild dienen kann, aber auch genauso als Mahner, wie schnell gut Gemeintes auch das Falsche unterstützen kann!
Ich hoffe die Politik entscheidet hier mit Weitsicht und ohne Geschichtsverklärung - ein Streichen von Sohnrey aus der Geschichte wäre in unseren Augen das falsche Signal! So können wir aus der Geschichte nicht lernen!
Wer die Expertisen einsehen möchte, kann sich gern an mich wenden unter
info@heinrich-sohnrey.de oder 05502-2798.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hubertus Menke
1. Vorsitzender der Heinrich-Sohnrey-Gesellschaft e. V.
Heinrich Sohnrey am 19. Juni 1942 in seinem Heim.